#93/2014 Romane Thana – Orte der Roma und Sinti
Mit dieser Stimme-Ausgabe begleiten wir die von der Initiative Minderheiten gemeinsam mit dem Romano Centro, dem Wien Museum und dem Burgenländischen Landesmuseum realisierte Ausstellung „Romane Thana – Orte der Roma und Sinti“.
In einem Gasteditorial setzt sich Cornelia Kogoj, Mitkuratorin von „Romane Thana“, mit den gängigen Repräsentationsformen der Minderheiten im musealen Kontext auseinander.
Andrea Härle, Ideengeberin der Ausstellung und ebenfalls Mitkuratorin, schildert die Entstehung der Ausstellung und des Erzählkonzepts: Konkrete Orte als Anker, um die Geschichte und Gegenwart der Roma und Romnja in Österreich zu erzählen.
Erika Thurner diskutiert die positiven Entwicklungen in Österreichs Roma-Politik seit den frühen 1980er Jahren, die hauptsächlich den Roma-Selbstorganisationen zu verdanken sind (siehe auch Seite 10). In einem zweiten Text beschäftigt sich Thurner mit der nationalsozialistischen „Zigeuner“-Verfolgung am Beispiel von Sidonie Adlersburg, ermordet mit zehn Jahren im KZ Auschwitz.
Entsprechend dem Themenschwerpunkt geht Vida Bakondy in ihrer Kolumne einem Telegramm des Außenamtes an die österreichischen diplomatischen Vertretungsbehörden in Jugoslawien aus dem Jahr 1965 nach: „Erteilet keine SV an Angehörige jugosl. Zigeunergruppen“.
Wie schon bei „Gastarbajteri – 40 Jahre Arbeitsmigration“ im Wien Museum (2004) haben auch diesmal Personen aus der Community einen Teil der Ausstellungsbeiträge gestaltet, sind also Autoren und Autorinnen ihrer Erzählstationen. Die Stimme hat sie gebeten, ihre visuellen Beiträge über die Geschichte und Gegenwart von Roma und Sinti in Österreich zu verschriftlichen: Ihren persönlichen Bezug zum jeweiligen Thema und, das, was die Ausstellungsbesucher und -besucherinnen eventuell nicht zu sehen bekommen.
Zum Zeitpunkt des Bombenattentats in Oberwart im Jahr 1995, bei dem vier Roma ermordet wurden, war Manuela Horvath zehn Jahre alt. Unter den Toten waren auch zwei ihrer Cousins. Oberwart 1995 ist für sie ein „Romano than“, ein Ort der Roma. Sie erzählt in ihrem Text, wie sie den Abend des Attentats erlebt hat und wie sie bis heute damit lebt.
Für Tamara Marlena Weinrich ist die Musik ein allen Sinti gemeinsamer Ort. Sie veranschaulicht dies anhand eines Liedes, das von ihrem Vater, dem Musiker Robert Weinrich, geschrieben wurde und um die Welt ging: Gawa Diwis.
Die größte Roma-Gruppe in Österreich bilden Roma und Romnja, die mit dem Beginn der 1960er Jahre vom Balkan als „Gastarbeiter“ nach Österreich kamen (siehe auch Seite 22). Usnija Buligovic fragt im Interview die Romni und „Gastarbeiterin“ Amalia Buligovits nach ihrer Migrationsgeschichte und ihren Roma-Orten in Wien.
Und schließlich befasst sich Gilda-Nancy Horvath mit Roma Digital Identities, mit dem Internet als Ort gesellschaftlicher Partizipation und politischer Vernetzung einer jungen Roma-Generation.
Leider hatten wir keinen Platz für die anderen Orte und die dazugehörigen Erzählungen, die in der Ausstellung vorkommen. Etwa Floridsdorf (Willi Horvath ), die Wiener Krankenhäuser und die Hausmeisterwohnungen (Rabie Peric und ?aklina Radosavljevic), den Rock der Mutter als Sternenzelt (Lilly Habelsberger) oder die Haut des Vaters (Robert Gabris).
Aber gehen Sie hin und sehen Sie selbst: Ab dem 12. Februar 2015 ist auch das Wien Museum ein „Romano than“, ein Ort der Roma und Sinti.
In eigener Sache
Vor der Ausstellungseröffnung freuen wir uns noch auf unseren traditionellen Inter-Culture Club. Das Benefizkonzert für die Initiative Minderheiten und die anschließende Party finden am 24. Jänner 2015 zum achten Mal im Schwarzberg (ehemals Ost-Klub) statt. Diesmal spielen für uns und für euch unter anderem das Diknu Schneeberger Trio, Me and Jane Doe sowie die junge Singer-Songwriterin Nina-Celine.
Eine anregende Lektüre und erholsame Tage zum Jahresende wünscht
Gamze Ongan | Chefredakteurin