#70/2009 Männlichkeiten
Als die STIMME vor genau einem Jahr (Nr. 66/Frühjahr 2008) das Thema Gender und Minderheiten unter die Lupe nahm, beschäftigten sich die Beiträge vorwiegend mit der Kategorie Weiblichkeit. In der ersten Ausgabe 2009 widmen wir uns nunmehr explizit der Kategorie Männlichkeit. Das Interesse für dieses Thema, das sich über Anregungen, Ideen und Textvorschlägen manifestierte, war überraschend groß, so dass wir leider nicht alle eingelangten Beiträge veröffentlichen können.
Die AutorInnen der vorliegenden Ausgabe beschäftigen sich mit dem Thema Männlichkeit aus vielfältigen Perspektiven. Herta Nöbauer schreibt einleitend über die theoretischen Ansätze der kritischen Männlichkeitsforschung seit Mitte der 1980er Jahre. Bernhard Weidingers Beitrag entlarvt das rechtsextreme Männlichkeitsbild als vom gesellschaftlich hegemonialen Männlichkeitsbild nicht grundverschieden, sondern lediglich ins Grenzenlose übersteigert. Eine Männergeschichte in fünf Kapiteln lautet der Untertitel des Essays von Marion Wisinger. Er handelt vom Schweigen alter Männer. Ulrike Prattes befragte in ihrer Diplomarbeit junge Männer aus der Mittelschicht nach ihrem Verhältnis zum Feminismus. Sie schreibt über deren Strategien, die einerseits der Reproduktion der Geschlechterasymmetrien dienen, aber auch als Potenziale für Veränderung anzusehen sind. Paul Scheibelhofer und Alexander Pollak nehmen einen Zeitungskommentar zum Anlass, um die mediale Darstellung von Migration, Männlichkeit und Gewalt zu analysieren.
Erwin Riess lässt seine Helden Groll und den Dozenten über bewegungshungrige Männer, die Auswirkungen männlicher Sexualhormone und die Männerabteilung im Sozialministerium sinnieren.
Persson Perry Baumgartinger verbindet seine Performance-Collage über einen von der WHO zertifizierten „transinterqueeren Perversling“ mit einem Text von Eli seMbessakwini, australische_r Intersex-Aktivist_in.
Ewa Agata Dziedzic befasst sich mit der Feminisierung von männlichen Biografien in der Migration und deren Konsequenzen.
Abgerundet wird das Thema mit der Rezension des von Lydia Potts und Jan Kühnemund herausgegebenen Buches Mann wird man. Geschlechtliche Identitäten im Spannungsfeld von Migration und Islam durch Sabine Strasser.
Die STIMME-Serie Erinnern und Kontinuität setzen wir mit einem Artikel der Ethnomusikologin Ursula Hemetek fort. Anhand von zwei Roma-Liedern dokumentiert Hemetek, wie Erinnerungen durch Lieder verarbeitet, vermittelt und somit vor dem Vergessen bewahrt werden.
Anregendes Lesen und Schauen wünscht
Gamze Ongan, Chefredakteurin
Die Fotos dieser Ausgabe stammen von der Fotokünstlerin Sabine Schwaighofer